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5. Systemwissenschaftliches Kolloquium
Wintersemester 1997/98
23.10.97
Prof. Dr. Horst Malchow, Institut für Umweltsystemforschung, Universität Osnabrück
Modellierung raumzeitlicher Strukturbildung in populationsdynamischen Systemen
Die raumzeitliche Dynamik wechselwirkender physikalischer, chemischer, biologischer, ökonomischer und/oder sozialer Komponenten kann eine Vielzahl lokaler und räumlicher Nichtgleichgewichtseffekte hervorrufen, derer man sich bei der Modellierung komplexer Systeme bewußt sein sollte. Dazu gehören das Auftreten mehrerer stabiler stationärer Zustände, zeitlich und räumlich periodische, quasiperiodische und chaotische Lösungen, lokale Anregbarkeit, stehende und laufende diffusive Fronten zwischen homogenen stationären Verteilungen oder stehende und laufende Wellen.
Verschiedene Szenarien der zeitlichen und raumzeitlichen Strukturbildung in Reaktions-Diffusions- Advektionssystemen werden anhand eines einfachen Modells von Wachstum und Wechselwirkung sowie passiver und aktiver Bewegung von Räuber- und Beutespezies in homogener und heterogener Umwelt demonstriert.
06.11.97
Dr. Broder Breckling, Projektzentrum Ökosystemforschung, Universität Kiel
Die Anwendung individuenbasierter Modellierung und objektorientierter Systemanalyse in der Ökologie
In der Arbeitsgrupe biozönotische Modellierung am Ökologie-Zentrum der Universität Kiel wird ein objektorientierter Modellierungsansatz verwendet, um die Aktivitäten einzelner Individuen und ihre Interaktion mit ihrer Umwelt zu simulieren. Dabei werden sowohl theoretische als auch angewandte Aspekte bearbeitet. Aus dem laufenden Arbeitszusammenhang werden verschiedene Beispiele vorgestellt:
- Selbstorganisation von Fischschwärmen: wie individuelle Interaktionen zur Ausbildung emergenter Eigenschaften führen,
- Modellierung der Ausbreitung von Bodenarthropoden in strukturierten Landschaften: Die Bedeutung von seltenen Ereignissen,
- Pflanzenmodellierung: Der Zusammenhang von Struktur und Funktion.
20.11.97
Prof. Dr. Michael Schreckenberg, Fachbereich Physik, Gerhard-Mercator-Universität Duisburg
Der Verkehrsstau im Computer: Möglichkeiten und Perspektiven neuer Simulationstechniken
Die naturwissenschaftliche Untersuchung von Verkehr und seinen Auswirkungen hat in den letzten Jahren einen rasanten Aufschwung erlebt. Mit neuen Modellansätzen auf der Grundlage von Zellularautomaten ist es heute möglich, Straßennetzwerke von der Größenordnung ganzer Ballungsräume im Computer schneller als in der Realität zu simulieren. Damit sind kurzfristige Vorhersagen des Verkehrsgeschehens und daraus resultierende Empfehlungen und Eingriffe möglich. Darüberhinaus sind Einflüsse des Verkehrs (wie zum Beispiel Schadstoffemissionen) bei geplanten Maßnahmen und deren Alternatven im vorhinein berechenbar. Der Vortrag gibt einen Überblick über den Stand der Forschung auf diesem Gebiet und stellt Projekte zur Umsetzung der Ergebnisse vor.
27.11.97
Dr. Jens Kappenberg, Institut für Gewässerphysik, GKSS-Forschungszentrum Geesthacht
Möglichkeiten und Grenzen der prognostischen Modellierung der Umwelt am Beispiel der Schwebstoffverteilung in der Unterelbe
Zur Beurteilung der Auswirkungen menschlicher Eingriffe in Umweltsysteme werden heute neben Expertenwissen zunehmend numerische Modelle eingesetzt. Dabei sind Kenntnisse über die Zuverlässigkeit dieser Instrumente nur in rudimentärem Umfang ("Verifizierung", besser: "Validierung") vorhanden und die Vorstellungen über die Möglichkeiten und Grenzen ihres Einsatzes variieren zwischen naivem Wunderglauben und kategorischer Ablehnung.
Am Beispiel der Auswirkungen einer geplanten Fahrrinnenveränderung in der Unterelbe auf den Schwebstoffgehalt des Wassers wird der Einsatz eines aufwendigen numerischen Modells im Spannungsfeld von zuständigen Fachbehörden, besorgten Umweltverbänden und Anliegern und Wissenschaftlern, die zwischen dem Wunsch der Erhaltung ihrer Glaubwürdigkeit und dem zunehmenden Zwang Geld einzunehmen balancieren, dargestellt und diskutiert.
11.12.97
Prof. Dr. Eckart Rühl, Fachbereich Physik, Universität Osnabrück
Laboruntersuchungen zum stratosphärischen Ozonabbau
Seit mehr als 10 Jahren wird der Abbau des stratosphärischen Ozons vor allem in polaren Gebieten beobachtet. Spezifische Informationen über die oft komplexen Zusammenhänge des stratosphärischen Ozonabbaus werden häufig aus Laborexperimenten erhalten. Es wird sowohl über Photoprozesse von Spurengasen sowie über heterogene Prozesse an Aerosolen und stratosphärischen Polarwolken berichtet, die sich mit Hilfe von geeigneten Laborexperimenten studieren lassen. Stratosphärische Photoprozesse werden mit Hilfe von Laser-Pump-Probe-Experimenten untersucht. Ziel dieser Arbeiten ist die Bestimmung von primären Quantenausbeuten sowie Verzweigungsverhältnissen konkurrierender Photoprozesse, die im Hinblick aus ihren möglichen Beitrag zum stratosphärischen Ozonabbau untersucht werden. Im Bereich der heterogenen Prozesse werden einzelne Aerosolteilchen in einer Paul-Falle unter realistischen Bedingungen mit Hilfe der Mie-Streuung charakterisiert.
08.01.98
Prof. Dr. Michael Matthies, Institut für Umweltsystemforschung, Universität Osnabrück
Räumliche Persistenz von semivolatilen organischen Schadstoffen
emivolatile Stoffe können mit der Luftbewegung über große Distanzen verfrachtet werden. Ein Maß für die räumliche Persistenz ist die Reichweite, die eine in die Luft emittierte Substanz durchmißt. Das raumzeitliche Verhalten (Transport, Transformation, Exposition) von persistenten organischen Schadstoffen (Persistent Organic Pollutants POP) wurde unter besonderer Berücksichtigung der Wechselwirkung mit der Vegetation und dem Boden modelliert. Für ausgewählte Stoffgruppen mit diffusem Eintragsmuster wurde eine charakteristische Ausbreitungsdistanz (characteristic travel distance) definiert. Die exemplarische Berechnung für 2,3,7,8-TCDD ergibt, daß der Abbau in und auf Pflanzen die Konzentration in der Luft maßgeblich bestimmt. Dadurch können die Verschiebungen in den relativen Anteilen von PCDD/F-Kongeneren während des weiträumigen Transports erklärt werden.
15.01.98
Prof. Dr. Thomas Bäck, Centrum für angewandte Systemanalyse (CASA), Informatik Centrum Dortmund (ICD)
Evolutionäre Algorithmen und ihre Anwendungen am Centrum für angewandte Systemanalyse (Datei)
Evolutionäre Algorithmen sind probabilistische Such- und Optimierverfahren, deren Grundprinzipien sich am Vorbild der biologischen Evolution orientieren. Als wichtigste, unabhängig voneinander entstandene Vertreter dieser Klasse von Algorithmen sind die genetischen Algorithmen, Evolutionsstrategien und evolutionary programming zu nennen. Die beiden letzteren Varianten benutzen als Kontrollstrategie für die Parameter (z.B. Schrittweiten für die Mutationen) des Algorithmus die Technik der Selbstanpassung von Strategieparametern. Dabei werden die Strategieparameter als Bestandteil der Individuen aufgenommen und unterliegen selbst den Variationsoperatoren Mutation und Rekombination, so daß im Laufe der Suche nicht nur eine Optimierung auf der Ebene der Objektvariablen, sondern auch auf der Parameterebene stattfindet. Im Rahmen des Vortrages wird die Selbstanpassung von Strategieparametern als wesentliches qualitatives Unterscheidungsmerkmal zwischen genetischen Algorithmen und Evolutionsstrategien herausgearbeitet.
Das große Potential evolutionärer Algorithmen in der praktischen Anwendung auf hochdimensionale, nichtlineare und multimodale praktische Optimierungsprobleme (ggf. auch mit stochastischen Störungen, Restriktionen, Unstetigkeiten, mehrkriterieller Zielsetzung) ist bereits in einer Vielzahl von Anwendungsbeispielen aus unterschiedlichsten Bereichen unter Beweis gestellt worden. Der Vortrag gibt einen Überblick einiger der am Centrum für angewandte Systemanalyse bearbeiteten Optimierungsprobleme, bei denen mit evolutionären Algorithmen sehr gute Lösungen gefunden werden. Insbesondere wird dabei eingegangen auf die Anwendung zur Beladeplanoptimierung von Druckwasserreaktoren, auf das Design optischer Filter, und auf die Optimierung von Routingtabellen in Telekommunikationsnetzwerken.
22.01.98
Prof. Dr. Claus R. Rollinger, Institut für Semantische Informationsverarbeitung, Universität Osnabrück
Anwendungen und Einsatzgebiete der Computerlinguistik
Sprachbeherrschung ist eine elementare Voraussetzung für unsere Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. Computerlinguistische Methoden und Verfahren - auch Sprachtechnologie genannt - werden benötigt,
- wenn es um die Unterstützung der Überwindung von Sprachbarrieren geht, z.B. durch automatische Übersetzungs(unterstützungs)systeme,
- wenn es um den Erwerb von Sprachkenntnissen geht, z.B. durch "Computer Assisted Language Learning" (CALL)-Systeme,
- wenn es um die Nutzbarmachung und Bedienung von Computersystemen verschiedenster Art geht, z.B. durch die natürlichsprachliche Sachrecherche in Bibliotheken wie das OSIRIS- System, und
- wenn es um die Bearbeitung von Texten geht, wie Rechtschreibkorrekturen, Dokumenten- retrieval, Abstracting.
29.01.98
Prof. Dr. Klaus G. Troitzsch, Institut für Sozialwissenschaftliche Informatik, Universität Koblenz - Landau
Dynamische Modelle komplexer sozialer Systeme
05.02.98
Prof. Dr. Joseph Alcamo, Wissenschaftliches Zentrum für Umweltsystemforschung, Universität GHS Kassel