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15. Systemwissenschaftliches Kolloquium
Wintersemester 2008/09
Mittwochs 16 Uhr c.t. - 18 Uhr s.t., Barbarastr. 12, Raum 66/101
Terminübersicht
30.10.2008
PD Dr. Indra Spiecker gen. Döhmann, Institut für Informationsrecht, Universität Karlsruhe & MPI zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn
Neue Wege des Risikomanagements im gesetzlichen Versicherungswesen.
06.11.2008
Dr. Andreas Beyer, BIOTEC TU-Dresden
Proteine und ihre Freunde - Modellieren auf zellulärer Ebene.
20.11.2008, 17.00 Uhr
Prof. Dr. Pascale Cancik, Universität Osnabrück
Aktionspläne zur Minderung von Luftverunreinigungen und Lärm - neue Instrumente zur Bekämpfung von Umweltproblemen.
27.11.2008
Prof. Dr. Andreas Ernst, Universität Kassel
Von der sozialen Modellierung zur Stakeholder-Schnittstelle.
04.12.2008
Prof. Dr. Alexander Krämer, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Health in Megacities.
11.12.2008
Prof. Dr. Alfons Balmann, Leibniz Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa
Agentenbasierte Politikanalysen: Stand, Herausforderungen und Perspektiven dargestellt am Beispiel des Agrarsektors.
08.01.2009
Dr. Jochen Hinkel, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
Transdisciplinary Knowledge Integration - Cases from Integrated Assessment and Vulnerability Assessment.
15.01.2009
Dr. Pieter Bots, Cemagref Montpellier, Frankreich
Inside our outside the box? Different approaches to multi-actor systems.
22.01.2009
Dr. Bernhard Truffer, Cirus - Sozialwissenschaftliche Innovationsforschung, Eawag Dübendorf, Schweiz
Innovationssysteme - Ein integratives Konzept sozialwissenschaftlicher Innovationsforschung.
29.01.2009
Dr. Peter Viebahn, Wuppertal-Institut
Systemanalyse zukünftiger Energie- und Mobilitätsstrukturen - Ökobilanzen, Kosten und Szenarien am Beispiel von "clean-coal", Wasserstoff und erneuerbaren Energien.
Kurzfassungen der Vorträge
30.10.2008
PD Dr. Indra Spiecker gen. Döhmann, Institut für Informationsrecht, Universität Karlsruhe & MPI zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn
Neue Wege des Risikomanagements im gesetzlichen Versicherungswesen.
Versicherung ist eine Strategie des Risikomanagements. Versicherungslösungen zielen auf die Überwälzung der Folgen, verringern also das eigentliche Risiko nicht. Insbesondere im Bereich des Sozialrechts setzt der Gesetzgeber auf das Instrument der Versicherung als Risikomanagement-Strategie. Im Vordergrund des Vortrags werden zwei neue Mechanismen stehen, § 52 II und § 62 I 7 SGB V, die mit der letzten Gesundheitsreform in das Sozialgesetzbuch SGB eingefügt worden sind und die Selbstverschulden und Selbstkontrolle der Versicherten betonen. Diese reagieren damit auf gesundheitsversicherungstypischen Problemen wie Moral Hazard, Adverser Selektion, Systemischen Risiken oder angebotsinduzierter Nachfrage. Ihre Wirkung ist allerdings unter einem Ansatz von Behavioral Law and Economics fraglich, zeigen doch Erkenntnisse aus den Verhaltenswissenschaften eine Reihe von Einschränkungen der Effektivität von Mechanismen der Selbstkontrolle. Dazu gehört etwa der Controllability Bias, der Overpositivity Bias oder auch das Phänomen des Time-Discounting. Der Vortrag wird diese Effekte vorstellen, ihre Bedeutung für die Selbstverschuldens- und Selbstkontroll-Mechanismen im Gesundheitsrecht analysieren und einen Ausblick wagen, was die Effekte für Risikomangement-Strategien insgesamt bedeuten, die auf die Antizipation von Folgen in mittlerer oder späterer Zukunft setzen.
06.11.2008
Dr. Andreas Beyer, BIOTEC TU-Dresden
Proteine und ihre Freunde - Modellieren auf zellulärer Ebene.
Biologische Systeme zeichnen sich durch eine große Zahl sehr unterschiedlicher interagierender Elemente aus. Unser Körper besteht aus milliarden von Zellen, die in etwa 220 verschiedene Typen unterteilt werden. Jede Zelle setzt sich aus zehntausenden verschiedener Proteine und hundertausende anderer chemisch verschiedener Moleküle zusammen. Diese enorme Komplexität lässt sich mit etablierten Methoden nicht mehr erfassen und erfordert daher die Entwicklung neuer Simulationsmethoden.
In diesem Kolloquim werden einige Beispiele aus der Systembiologie gezeigt, die vor allem auf einer netzwerkbasierten Sicht auf die molekularen Interaktionen in der Zelle basieren. Werden die Wechselwirkungen der verschiedenen Biomoleküle als Netwerk dargestellt, lässt sich die sehr heterogene Information über Proteine, RNA, DNA, Lipide usw. in einem konsistenten Rahmen formalisieren.
Ein erstes Beispiel zeigt, wie sich Genexpressionsdaten mit Proteinwechselwirkungen kombinieren lassen, um damit regulatorische Netzwerke identifizieren zu können. Ein weiteres Beispiel sind Studien in denen systematisch jedes Gen ausgeschaltet wird ("Genomewide RNAi Screens"), um die Funktion der Gene zu ermitteltn. Die Ergebnisse dieser Screens sind jedoch durch einen großen Anteil fehlerhafter Daten nur schwer zu interpretieren. Mithilfe systembiologischer Verrfahren köennen die Daten ,aufgereinigt' werden und es lassen sich molekulare Mechanismen ableiten, die die physiologischen Beobachtungen aus dem Screen erst erklären. Ein drittes Beispiel ist die genetische Vielfallt in unserem Erbgut, die dazu führt, dass unsere Körper unterschiedliche Krankheiten bekommen bzw. sehr unterschiedlich auf Krankheiten reagieren. Dies betrifft z.B. die erbliche Vorbelastung für bestimmte Krebsformen oder für andere Krankheiten wie Diabetis, Alzheimer und Parkinson. Die Zusammenhänge zwischen den Erbgutveränderungen und der Vorbelastung für bestimmte Krankheiten ist in den meisten Fällen noch sehr unklar. Auch hier helfen systembiologische Ansätze, da sie die Auswirkungen von Mutationen auf die molekularen Wechselwirkungen im Systemzusammenhang simulieren können.
20.11.2008, 17.00 Uhr
Prof. Dr. Pascale Cancik, Universität Osnabrück
Aktionspläne zur Minderung von Luftverunreinigungen und Lärm - neue Instrumente zur Bekämpfung von Umweltproblemen.
Seit einiger Zeit werden in vielen Städten Aktionspläne zur Reduzierung der Feinstaubbelastung erstellt - kürzlich wurde in Osnabrück ein entsprechendes Planungsverfahren eingeleitet. Damit werden - mit einiger Verspätung - europarechtliche Vorgaben umgesetzt. Auch dem zunehmenden Lärm sollen neuerdings Aktionspläne entgegenwirken. Und auch hier sind es europäische Vorgaben, die in den kommenden Jahren umzusetzen sind. Typisch für den europäischen Ansatz ist unter anderem die vorgesehene Einbeziehung der Öffentlichkeit bei der Planung sowie der Versuch, gebietsbezogen und möglichst integrativ verschiedene Problemquellen zu erfassen. Wie Aktionspläne rechtlich zu fassen und in das System des deutschen Umweltrechts einzuordnen sind, ist indessen noch nicht geklärt. Auch die Wirksamkeit der neuen Instrumente ist angesichts der wenigen Erfahrungen offen. Der Vortrag bietet eine Einführung in die rechtlichen Grundlagen der Aktionsplanung; anschließend sollen erste praktische Erfahrungen mit diesem neuen Instrument des Umweltschutzes vorgestellt und seine Wirkungsmöglichkeiten diskutiert werden.
27.11.2008
Prof. Dr. Andreas Ernst, Universität Kassel
Von der sozialen Modellierung zur Stakeholder-Schnittstelle.
Während Klimamodelle einen Reifegrad erreicht haben, dass Politikoptionen vor dem Hintergrund ihrer Ergebnisse diskutiert werden, ist dies für den Bereich der sozialen Modellierung (aus guten Gründen) bis auf spezifische Ausnahmen noch nicht der Fall. Die in der Forschungsgruppe Socio-Environmental Systems Analysis and Modelling (SESAM) des Center for Environmental Systems Research entwickelten Modelle versuchen die Lücke zwischen der Beschreibung von gesellschaftlichem Verhalten und der Testung politischer Interventionen zu verringern.
Es werden zwei Modelle zusammen mit ihren Ergebnissen im Bereich der Wasser- und Landnutzung vorgestellt. Das GLOWA-Danube-Projekt ist im achten Projektjahr ein Beispiel für einen zur Laufzeit gekoppelten großen integrierten Verbund. Es simuliert den Wasserkreislauf in Bereich der Oberen Donau mit seinen natur-, ingenieur- und verhaltenswissenschaftlichen Anteilen. Das gerade abgeschlossene CAVES-Projekt bearbeitete wasser- und landnutzungsbezogene Probleme an der Oder in Polen unter dem Blickwinkel der Wirkungsweise sozialer Netzwerke.
Besonderes Augenmerk wird im Vortrag auf die Aufbereitung der simulierten Daten für die Verwendung in Stakeholder-orientierten Kontexten gelegt
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04.12.2008
Prof. Dr. Alexander Krämer, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Health in Megacities.
The lecture starts with a historical perspective on urbanisation and development of megacities worldwide highlighting different trends for developed and developing countries. Future trends show that a particularly high proportion of urban growth and megacity numbers can be observed in South and South East Asia. On the one hand they represent focal points of globalisation with a high concentration of economical activities and industrial production with high dynamism in all processes and thus form driving forces of development, on the other hand megacities are characterised by an uncontrolled spatial expansion with unregulated land and property markets that may lead to insufficient housing provision with marginal settlements, large social disparities, ecological strain and overload, infrastructural deficits and finally in a loss of governability. Health problems in megacities are characterised by a globalisation and megapolisation of disease and influenced by a variety of factors such as population dynamics (e.g. migration), available resources and health care, and social and environmental factors. These factors will be illustrated in detail and with examples from the perspective of environmental and man-made hazards, before we will propose solution strategies to overcome health problems in megacities.
The priority programme of the German Research Council “Megacities – Megachallenge: Informal Dynamics of Global Change” will be presented with its major aims and focus areas: 1. Material and resources flows, 2. loss of governability, 3. megaurban economies, and 4. housing and settlements, including the different research projects in Dhaka, Bangladesh, and in the Pearl River Delta, China. In the following, we present our public health-related projects with their specific objectives. In the Pearl River Delta we focus on aerosols, because these aerosols determine a major threat for human health. The plan of this pilot study is to bring aerosol and health mapping together that in the future a more systematic geographical analysis of aerosol-related disease burdens can be done similar to that from WHO for Europe. In addition, we will present a multidisciplinary conceptual framework for the study of public health issues in megacities. Necessity of multilevel analysis to test the developed framework will also be discussed. Epidemiological data collected through a cross-sectional design in various subpopulations (n=2,222) living in the megacity of Dhaka and adjacent rural areas, Bangladesh (several slums or urban villages, comparison groups were rural and affluent middle-class) will be presented. Mainly prevalences for a wide range of diseases for the different populations as well as health and disease determinants in bi- and multivariate fashion namely logistic regression and multi-level analysis will be reported. We found that socio-demographic, housing and environmental characteristics differed significantly by the different sub-populations. Both bivariate and multiple logistic regression analyses indicated better health outcomes among rural inhabitants as compared to people of the urban slums. Intra-urban differences were also documented. For instance, overweight and non-communicable diseases were more prevalent in the urban affluent population compared to the slum population, whereas the prevalence of underweight, communicable diseases, medical symptoms, and fair/poor health status were higher among the population living in urban slums than in that of the urban affluent area.
Hopefully these findings will have implications for a better understanding of the complex population dynamics and mobility in megacity populations. Our proposed collaborative cohort study including elements of participatory research will provide further information relevant for evidence-based public health interventions and health policy recommendations in the urban settings.
11.12.2008
Prof. Dr. Alfons Balmann, Leibniz Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa
Agentenbasierte Politikanalysen: Stand, Herausforderungen und Perspektiven dargestellt am Beispiel des Agrarsektors.
Anders als allgemeinökonomische agentenbasierte Modelle sind agrarbezogene Anwendungen häufig sehr detailiert und realitätsnah ausgestaltet. Hintergrund mag sein, dass beispielsweise die Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU traditionell eng begleitet wird durch die Anwendung partieller und allgemeiner Gleichgewichtsmodelle sowie normativen einzelbetrieblichen und regionalen Modellen und daher vergleichsweise einfach bestehende Datenbasen und Informationen für Entwicklung, Kalibrierung und Validierung von agentenbasierten Modellen genutzt werden können. Allerdings zeichnen sich auch letztere ebenso wie andere agentenbasierte Modelle dadurch aus, dass ihre besonderen Stärken darin bestehen, dass Modellverhalten und Simulationsergebnisse selber äußerst komplex sind und sie vielmehr geeignet sind um mittels Laborexperimente Zusammenhänge aufzuzeigen als exakte Prognosen abzugeben. Im Rahmen des Vortrages wird exemplarisch anhand des Agrarstrukturmodells AgriPoliS aufgezeigt, wie es sich für Politikanalysen und insbesondere die Politikberatung nutzen lässt und insbesondere welche Probleme zu beheben sind.
08.01.2009
Dr. Jochen Hinkel, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
Transdisciplinary Knowledge Integration - Cases from Integrated Assessment and Vulnerability Assessment.
Keywords: climate change, integrated assessment, knowledge integration, transdisciplinary research, vulnerability, vulnerability assessment.
This presentation explores how transdisciplinary knowledge integration can be facilitated in the context of integrated assessments and vulnerability assessments of climate change. Even though knowledge integration is fundamental in such transdisciplinary assessments, the actual process of integrating knowledge is rarely addressed explicitly and methodically. Here, knowledge integration is conceptualised into the subsequent phases of the elaboration of a shared language and the design of a methodology. Three devices for facilitating knowledge integration are put forward:
- semantic ascent or the shift from speaking in a language to speaking in a meta-language about the former,
- formalisation or the translation of statements made in ordinary or technical language into a formal language, and
- knowledge integration methods, which are methods that provide a meta-language for speaking about the knowledge to be integrated and organise the process of integration.
Four cases of knowledge integration are presented. First, the general problem of methodology design is addressed and a graphical framework for representing methodologies is presented. Second, the problem of developing a shared language for speaking about vulnerability to climate change is addressed. A formal mathematical framework of vulnerability and related concepts is presented. Third, a special case of methodology design, the integration of computer models in the context of modular integrated assessment modelling is addressed. A modular approach developed in the PIAM project (Potsdam Integrated Assessment Modules) is presented. Fourth, the integration of computer models, this time in the context of a global assessment of coastal vulnerability to sea-level rise, is addressed. A knowledge integration method, which was developed and applied in the DINAS-COAST project (Dynamic and Interactive Assessment of National, Regional and Global Vulnerability of Coastal Zones to Climate Change and Sea-Level Rise), is presented. These cases show that semantic ascent is a useful device in those cases in which it is difficult to directly elaborate a shared language at the beginning of the assessment. Formalisation can contribute to the elaboration of a shared language in those cases in which concepts overlap non trivially in their meanings. More emphasis should be placed on the development and application of iterative knowledge integration methods as iteration is crucial in order to benefit from the mutual learning during the course of the assessment.
15.01.2009
Dr. Pieter Bots, Cemagref Montpellier, Frankreich
Inside our outside the box? Different approaches to multi-actor systems.
Multi-actor are systems that comprise multiple actors, where the term 'actor' denotes an entity capable of cognition, deliberation and action. Individual persons, but also groups with various degrees of organization may be regarded as actors. Multi-actor systems - whether as simple as two neighbors sharing a car or as complex as an airline reservation system or the world climate negotiations - can be studied in different ways and for different purposes. Typically, the aim is to gain understanding (system analysis) or to realize changes (system design). In this presentation I will contrast two approaches to systems analysis and design. When taking the "actors inside the box" approach, the system analyst/designer considers actors as part of the system. Their needs and behaviors can be sampled and represented in ways that help the analyst understand causal relationships and identify policy levers. When taking the "actors outside the box" approach, the analyst/designer engages actors as co-analysts/designers. When these actors interact with each other about how - from their respective points of view - "their" multi-actor system works, how it performs, and how it could be improved, this ideally leads to better knowledge, social learning, and capacity for change. Such an interaction process needs a structure to be effective, regardless whether its purpose is "understanding" (participatory analysis as part of a scientific research project) or "changing" (participatory design as part of a system development project). Such a structure is itself a system - a belief development system - and I will illustrate with an empirical example that such systems can and should be designed using a systems approach.
22.01.2009
Dr. Bernhard Truffer, Cirus - Sozialwissenschaftliche Innovationsforschung, Eawag Dübendorf, Schweiz
Innovationssysteme - Ein integratives Konzept sozialwissenschaftlicher Innovationsforschung.
Die Fähigkeit neue Produkte und Technologien zur Marktreife zu bringen ist entscheidend für moderne Volkswirtschaften, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Für die Erklärung erfolgreicher Innovationsprozesse haben systemische Ansätze seit Mitte der 80er Jahre zunehmende Bedeutung erlangt. Zentral war dabei die Erkenntnis, dass Erfolgsbedingungen für Innovationen oft nur ungenügend aus Eigenschaften einzelner Unternehmen abgeleitet werden können. Vielmehr entstehen wichtige Ressourcen erst aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure. Aus diesem Grund rücken zunehmend Netzwerke von Akteuren (Technologieentwickler, Zulieferer, Kunden, Behörden, Forschungseinrichtungen, zivilgesellschaftliche Organisationen) ins Zentrum des Interesses. Diese Netzwerke können bezüglich Akteursstruktur, vorherrschender Beziehungsarten, institutioneller Strukturen oder auch bezüglich funktionaler Aspekte als Innovationssysteme charakterisiert werden. Über die Jahre wurden verschiedene Spielarten von Innovationssystemen postuliert und empirisch untersucht. Ausgangspunkt bildete Ende der 80er Jahre das Konzept der "nationalen" Innovationssysteme, um den anhaltenden wirtschaftlichen Erfolg einzelner Volkswirtschaften zu erklären. In den 90er Jahren wurde dieses Konzept weiter nach regionalen, sektoralen oder technologischen Aspekten differenziert. Im Vortrag werden die Kernkonzepte der Innovationssystemforschung vorgestellt, offene Forschungsfragen herausgearbeitet und die Bedeutung dieser Forschung für die Lösung von Umweltproblemen an konkreten Fallbeispielen ausgeführt.
29.01.2009
Dr. Peter Viebahn, Wuppertal-Institut
Systemanalyse zukünftiger Energie- und Mobilitätsstrukturen - Ökobilanzen, Kosten und Szenarien am Beispiel von "clean-coal", Wasserstoff und erneuerbaren Energien.
Innerhalb der Forschungsgruppe "Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukturen" des Wuppertal Instituts werden neben Akteursanalysen, Marktstudien und Potenzialen neuer Technologien insbesondere auch Wirkungsanalysen durchgeführt, um die Wechselwirkungen zwischen Einzeltechnologien und Gesamtsystem-Strukturen verstehen zu können. Dies wird am Beispiel der Instrumente Ökobilanzen, Kostenanalysen und Szenarienanalyse für verschiedene Bereiche der Energiewirtschaft gezeigt, in der derzeit wichtige Entscheidungen über die zukünftige Ausrichtung der Energie- und Verkehrssysteme in Deutschland und europaweit anstehen. Dabei wird gleichzeitig aufgezeigt, wie wichtig eine systemwissenschaftliche Analyse für (industrie)politische Entscheidungen mit langfristigen Auswirkungen ist.
In einer kürzlich fertig gestellten Studie wurden alle drei genannten Instrumente verwendet, um eine neue Technologie zu beurteilen, auf die große Hoffnungen von Politik und Industrie im Rahmen der Treibhausgas-Reduktion liegen: die CO2-Abtrennung und Speicherung (CCS = Carbon Capture and Storage). Kurzfristig gedacht, bieten die angekündigten "CO2-freien" Kraftwerke die Möglichkeit, kostengünstig und dauerhaft die energiebedingten Emissionen zu senken - weit mehr, als es durch die Erneuerbaren Energien derzeit möglich wäre. Betrachtet man CCS jedoch innerhalb von Langfristszenarien des Energiesystems, führt vergleichende Ökobilanzen von CCS-basierten Kohlekraftwerken und alternativen Stromerzeugungsmöglichkeiten (Erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung) durch und nutzt schließlich lernkurvenbasierte Kostenanalysen, kommt man zu einer ganz anderen Einschätzung.
Ähnliche Weichenstellungen stehen im Verkehrsbereich an, in der, zumindest in Deutschland, nach der Wasserstoff-Euphorie und der Biokraftstoffstrategie nun die Elektro-Mobilität in den Fokus der Verkehrswirtschaft, -forschung und -politik gerückt ist. Hierzu werden ebenfalls erste systemanalytische Untersuchungen gezeigt, in denen anhand der oben erwähnten Instrumente die verschiedenen Kraftstoffpfade verglichen werden können.
Schließlich wird in einem Ausblick gezeigt, wie die bestehenden Instrumente weiter entwickelt werden, um neben der Emissionsseite auch die immer relevanter werdenden Ressourcenfragen in Langfristszenarien abbilden zu können.